Dieser Dezember ist nichts für schwache Nerven. Letzte Woche notierte der DAX noch über 10.000 Punkte und alle beschworen die Jahresendrally. Dann ging es in ein paar Handelstage mit großer Dynamik nach unten. Bei 9219,05 Punkten fand der DAX heute sein Tagestief. Über acht Prozent Minus in nur wenigen Handelstage. Heute spricht niemand mehr vom starken Anstieg zum Jahresschluss.
Im Laufe des Tages überschlugen sich heute die Ereignisse. Die russische Nationalbank erhöhte den Leitzinssatz um 6,5 % auf 17 %. In Russland geht es nur mehr um die Stabilisierung des Finanzsystems. Im Anschluss begann sich der Rubel zu erholen, bis dann um die Mittagszeit massive Verkäufe einsetzten und die russische Währung über die Klippe stürzte. In der Spitze verlor der Rubel um mehr als 20 % gegenüber dem Dollar. Ebenfalls um mehr als 20 % brach der RTX ein. Das sind Bewegungen, die auf Sicht eines Jahres schon beachtenswert wären. Gleichzeitig fiel der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Brent unter 60 USD, der DAX verlor massiv und Gold machte einen Sprung nach oben. Ich möchte hier auch schon aufhören das Tagesgeschehen zu kommentieren, denn ich bin mir sicher, dass diese Bewegungen noch öfter ihre Kommentatoren finden werden. Was man aber sicher nicht mehr leugnen kann ist, dass hier Kräfte am Werk sind, die weit außerhalb der Normalverteilung liegen. Wahrscheinlich kommt der Begriff „Wirtschaftskrieg“ den tatsächlichen Vorgängen am nächsten.
Meine letzten beiden Kommentare haben einerseits den Dezember aus dem Blickwinkel des saisonalen Verlaufs und andererseits habe ich in einem Kommentar bezüglich der „Grauslichkeiten“ geschrieben, die uns dieser Dezember bisher brachte: Hindenburg-Omen, SKEW-Index, CDS, …
Die letzten Tage haben vielen Investoren das Blut in den Adern gefrieren lassen. Man spürt wieder wie Panik aufzieht und wie oben bereits erwähnt, wurde bereits der Abgesang auf die Jahresendrally angestimmt. Ich möchte nicht in dieses Konzert einstimmen, denn das wir 2014 wirklich einen der schlechtesten Börsen-Dezember der Geschichte erleben ist keineswegs sicher, wenn zugegeben auch nicht unmöglich.
In den Abgesang einstimmen kann ich also immer noch, darum möchte ich jetzt jene Faktoren in den Vordergrund stellen, welche diesen Dezember doch noch „retten“ könnten:
- Das Phänomen der Jahresendrally ist eines der stabilsten überhaupt.
- Der Markt ist massiv überverkauft.
- Die Profis am Optionsmarkt das S&P 100 haben ihre Absicherungen massiv zurückgefahren. Hier handelt es sich im Unterschied zur klassischen Put/Call Ratio um keinen Kontraindikator.
- Morgen ist FED-Sitzung, der Tag davor verläuft meist positiv. Dies könnte die Märkte heute stabilisieren.
- Der fallende Ölpreis wirkt langfristig stimulierend.
- Die FED wird in diesem Marktumfeld morgen eher keine den Markt verunsichernden Worte von sich geben. Der Tonfall sollte eher beruhigend sein.
- Heute ist „Turnaround-Tuesday“. Schon oft endete eine Panik an Dienstagen.
Statistisch gesehen sollte die Jahresendrally die nächsten Tage, vielleicht schon heute, starten. Auch wenn es derzeit keiner mehr für möglich hält, so erachte ich dieses hohe Angstlevel als weiteres Indiz dafür diesen Dezember doch noch nicht abzuschreiben.
Es könnte daher ein lukratives Geschäft sein, sich heute noch auf der langen Seite zu positionieren. Natürlich, die weitere Entwicklung der Märkte gehört genau beobachtet, zumindest ein mentales Stop-Loss muss man einziehen, denn wie schon erwähnt die Liste der „Grauslichkeiten“ ist sehr, sehr lange. Grauslichkeiten, welche aber auch wieder eine „Mauer der Angst“ errichtet haben könnten. Eine „Wall of Worry“, die per heute wieder hoch genug scheint, um Kursanstiege bis zum Jahresende zu rechtfertigen.
Ja, jetzt wird es ernst. Sollte die Bullen die nun vorliegende Chance nicht nutzen, dann könnte uns noch viel Ungemach drohen, denn dann könnten wir eine Abwärtsbewegung sehen, die den Namen Baisse wirklich wieder verdient. Vorerst empfiehlt es sich aber, sich Aktien long zu positionieren und genau zu beobachten.